Mängelansprüche des Bestellers nach BGB und VOB

Information zu Mängelansprüchen des Bestellers nach BGB und VOB, erläutert von Rechtsanwalt Andreas Graf.

I. Nacherfüllungsverlangen

Zu prüfen ist zunächst, ob ein BGB-Bauvertrag oder ein VOB-Vertrag vorliegt.

1. Wann liegt eine wirksame Einbeziehung der VOB in den Bauvertrag vor?

Die VOB/B wird nur Bestandteil eines Bauvertrages, wenn die Parteien dies vereinbaren. Da die VOB/B weder Gesetz noch Rechtverordnung, sondern Vertragsrecht ist, gilt sie nicht automatisch.

Die Vereinbarung der VOB/B bedarf keiner Form. Ein Bezug oder allgemeiner Hinweis auf die VOB/B reicht grundsätzlich aus. Dieser Hinweis muss allerdings klar und unmissverständlich geschehen. Ist dem Bauherrn/Erwerber die VOB/B nicht vertraut, so muss sie ihm vom Vertragspartner konkret zur Kenntnis gebracht werden. Ein bloßer Hinweis auf die VOB/B reicht in diesen Fällen nicht aus. Es ist jedoch immer das Einverständnis des Vertragspartners notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung der VOB.

Auf Architekten- und Ingenieurleistungen ist die VOB/B nicht anwendbar, weil diese nicht auf die Erbringung von Bauleistungen im Sinne der VOB ausgerichtet sind. Ferner kann nach herrschender Meinung die VOB/B auch nicht als Ganzes in Bauträgerverträgen vereinbart werden.

2. Wann kann der Besteller vom Werkunternehmer die Mängelbeseitigung verlangen?

Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen eines Mangels. Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Werk nur frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, ist das Werk mangelfrei:

  • Wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
  • für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

Demnach haftet der Unternehmer, wenn die tatsächliche Ist-Beschaffenheit von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die erbrachte Leistung mit der vereinbarten gleichwertig oder besser ist.

Hat das Werk die vereinbarte Beschaffenheit, fehlt ihm aber gleichwohl die Funktionstüchtigkeit, so ist es dennoch mangelhaft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH schuldet der Unternehmer nämlich ein funktionsgerechtes Werk.

Darüber hinaus muss die Werkleistung auch den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Der Besteller muss den Baumangel so genau bezeichnen, dass der Unternehmer weiß, was ihm vorgeworfen und was von ihm als Abhilfe erwartet wird. Eine Bezeichnung der Mangelursache ist nicht notwendig. Es gilt insoweit die sog. Symptomrechtsprechung des BGH.

Der Unternehmer hat die Wahl zwischen verschiedenen Nacherfüllungsmöglichkeiten. Dies gilt auch für den VOB-Vertrag. Nur dann, wenn der Mangel nur durch eine Nachbesserungsmaßnahme beseitigt werden kann, darf der Unternehmer auf diese Art der Nacherfüllung verwiesen werden. In diesem Fall kann der Auftraggeber ein Angebot auf eine andere und somit untaugliche Art der Nacherfüllung von vornherein zurückweisen.

Vor der Abnahme trägt der Unternehmer die Beweislast, dass seine Leistung mangelfrei war. Nach der Abnahme hat der Auftraggeber die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Unternehmerleistung.

Der Unternehmer ist solange zur Nacherfüllung berechtigt, bis die ihm gesetzte Nacherfüllungsfrist abgelaufen ist. Für eine Fristsetzung ist es ausreichend, dass der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines Endtermins bedarf es dagegen nicht. Die Frist muss angemessen und so bemessen sein, dass der Unternehmer unter größten Anstrengungen zur Mängelbeseitigung in der Lage ist. Eine unangemessen kurze Frist ist allerdings nicht unwirksam, sie setzt stattdessen eine angemessene Frist in Gang.

Auf die Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung kann sich der Unternehmer nur in Ausnahmefällen berufen. Hierbei ist insbesondere das Verhältnis von Nachbesserungsaufwand zum Vertragspreis ohne Bedeutung.

Ein Anspruch auf Nacherfüllung besteht allerdings bei einer vorbehaltlosen Abnahme trotz Mangelkenntnis nicht.

Es kann auch eine Kostenbeteiligung des Auftraggebers in Frage kommen, insbesondere in Form sog. Sowieso-Kosten. Sowieso-Kosten sind Kosten, um die die Bauleistung bei einer ordnungsgemäßen Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre.

Ferner haftet der Auftraggeber für Planungsfehler seines Architekten bzw. seiner Fachingenieure und muss sich daher insoweit ein Mitverschulden entgegenhalten lassen.

II. Zahlungsansprüche des Bestellers bei Baumängeln (sog. sekundäre Mängelrechte)

Es kommen folgende Ansprüche in Betracht:

  • Aufwendungsersatz nach § 637 Abs. 1 BGB bzw. § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B
  • Vorschuss für die Ersatzvornahme nach § 637 Abs. 3 bzw. § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B
  • Schadensersatz nach den §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB bzw. § 13 Abs. 7, § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B
  • Minderung nach § 638 Abs. 1 BGB bzw. § 13 Abs. 6 VOB/B

Voraussetzung für sämtliche sekundären Mängelrechte ist der Ablauf einer Nacherfüllungsfrist. Beseitigt der Auftraggeber den Mangel ohne zuvor eine Nacherfüllungsfrist gesetzt zu haben, kann er vom Unternehmer unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Erstattung der für die Mangelbeseitigung angefallenen Kosten verlangen. Eine Nacherfüllungsfrist ist nur in Ausnahmefällen entbehrlich.

1. Vorschuss für die Selbstvornahme

Der Auftraggeber kann sowohl beim BGB-Werkvertrag, als auch beim VOB-Vertrag einen Vorschussanspruch in Höhe der zur Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Kosten geltend machen und sich dabei auf einen Kostenvoranschlag oder ein Sachverständigengutachten stützen.

Beim BGB-Werkvertrag entsteht der Vorschussanspruch nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist. Beim VOB-Vertrag ist ein Vorschussanspruch auch schon vor Abnahme möglich (§ 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B i. V. m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B). Der Vorschuss- und der Aufwendungsersatzanspruch vor der Abnahme setzen beim VOB-Vertrag zwingend eine vorherige Kündigung des Bauvertrags voraus.

Ein Vorschussanspruch scheidet aus, wenn der Besteller die Mängel nicht beseitigen will oder – z. B. im Falle einer Veräußerung des Bauwerkes – nicht kann oder wenn die Mängel beseitigt sind und eine Rechnung hierzu vorliegt.

Nach Zahlung des Kostenvorschusses muss der Besteller die Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist durchführen. Im Anschluss daran hat eine Abrechnung des Vorschusses innerhalb einer angemessenen Frist zu erfolgen. Kommt der Besteller dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Unternehmer den Vorschuss zurückverlangen.

2. Schadensersatz

Will der Besteller den Mangel nicht beseitigen lassen, sondern den Geldbetrag anderweitig verwenden, wird er deshalb die Mangelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzanspruchs geltend machen. Der Schadensersatzanspruch ist auch bei einem fehlenden Vorbehalt des Bestellers bei der Abnahme noch möglich.

Der Besteller muss allerdings beweisen, dass der Unternehmer den Schaden verursacht hat. Dies wird bei einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik regelmäßig vermutet.

Ferner setzt der Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu den übrigen Ansprüchen ein Verschulden des Unternehmers voraus. Hierfür hat der Besteller darzulegen und zu beweisen, dass ein Mangel im Leistungsbereich des Unternehmers den Schaden verursacht hat. Gelingt dem Besteller dieser Nachweis, muss sich der Unternehmer entlasten und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. An einem Verschulden fehlt es bei Beachtung der anerkannten Regeln der Technik, selbst wenn in der Wissenschaft Zweifel diskutiert werden.

Weitere Voraussetzung ist bei einem VOB-Vertrag das Vorliegen eines wesentlichen Mangels.

Zu ersetzen ist dem Besteller nur der tatsächlich feststehende Schaden. Kann sich daher ein Sachverständiger nicht exakt auf die Höhe der Mangelbeseitigungskosten festlegen, kann nur der Mindestbetrag gefordert werden. Der Auftraggeber kann seinen Schaden auch nicht auf der Basis der (höheren) Kosten eines Sachverständigengutachtens abrechnen, wenn der Mangel durch den Besteller oder einen Drittunternehmer bereits zu einem geringeren Preis beseitigt worden ist.

Ein vor der Mängelbeseitigung geltend gemachter Schadensersatzanspruch umfasst nicht die auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten entfallende Umsatzsteuer.

3. Minderung der Werkvergütung

Zwischen der Minderung beim BGB-Vertrag und der Minderung beim VOB-Vertrag bestehen grundlegende Unterschiede.

Während dem Besteller beim BGB-Vertrag bei Vorliegen der formalen Voraussetzungen des § 638 BGB ein Wahlrecht auf Minderung zusteht, besteht beim VOB-Vertrag ein Anspruch auf Minderung nur unter drei weiteren Voraussetzungen:

Danach muss die Mangelbeseitigung entweder unmöglich sein oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder für den Auftraggeber ausnahmsweise unzumutbar sein.

III. Der Rücktritt

Bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung kann der Auftraggeber, insbesondere also der Erwerber einer Eigentumswohnung oder eines Hauses, unter gewissen Voraussetzungen auch vom Vertrag zurücktreten.

Voraussetzung für den Rücktritt ist zunächst eine erfolglos gebliebene, angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung.

Das Rücktrittsrecht erscheint im Werkvertragsrecht wenig sinnvoll. Vor allem sind die Folgen eines Rücktritts vom Vertrag zu bedenken. So führt der Verlust des Erfüllungsanspruchs nach erfolgtem Rücktritt auch zum Verlust aller akzessorischen Sicherheiten (insbesondere einer etwaigen Auflassungsvormerkung im Grundbuch). Mit der Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Besteller ist dieser an seine Wahl gebunden.

Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn bei erbrachter Leistung die Pflichtverletzung unerheblich ist. Hierbei handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls, sodass mit festen Prozentsätzen nicht gearbeitet werden kann.

Der Rücktritt ist weiterhin ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder überwiegend verantwortlich ist.

Ein Rücktritt scheidet ebenfalls aus, wenn dem Auftraggeber mangelnde Vertragstreue vorzuwerfen ist, er insbesondere also gegen die ihm obliegende Kooperationspflicht verstößt.

Als Rechtsfolge des Rücktritts wandelt dieser das bisherige Vertragsverhältnis in ein Rückgewähr- und Abwicklungsverhältnis um. Werklohn- und Honoraransprüche entfallen. Erbrachte Vergütungen, Abschlags- oder Honorarzahlungen sind vom Unternehmer/ Architekten/Sonderfachmann zurückzuzahlen. Erbrachte Bauleistungen sind, soweit dies technisch problemlos möglich ist, abzubauen und zu entfernen. Da Bauleistungen in aller Regel nicht ohne Zerstörung zurückgegeben werden können, sind diese regelmäßig durch Wertersatz auszugleichen, der sich an der Gegenleistung des Unternehmers oder Architekten orientiert. Hat die Werkleistung des Unternehmers allerdings unter Berücksichtigung vorhandener Mängel keinen Wert, ist insoweit auch kein Ersatz durch den Besteller zu leisten.

Andreas Graf
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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