Kuriositäten vor Gericht:

Gartenzwerg mit Stinkefinger und der liebe Nachbar

Kann ein Gartenzwerg eine Beleidigung darstellen?

Das Amtsgericht in Grünstadt und das Amtsgericht in Elze mussten solch einen Fall entscheiden.

Zwerg mit Stinkefinger

Zwerg mit Stinkefinger

Waren im Vorgarten aufgestellte Gartenzweige in früheren Jahren noch mit typischer Gartenarbeit beschäftig oder gingen einfach dem Müßiggang nach, so ist die Gartenzwerg-Szene zwar immer noch vom Spießbürgertum dominiert, hat sich aber sehr stark zum Fun-, Spaß- und auch Provokationsobjekt gewandelt. Ob Motorradfahren, Bier trinken oder als Fußballfan, inzwischen gibt es die unterschiedlichsten Darstellungen dieser kleinen Gartenbewohner. Und dann kommt noch die Rubrik „provozierender Gartenzwerg“. Da wird keck der Mittelfinger in die Höhe gestreckt oder der blanke Hintern gezeigt. Was als lustiger Gag gemeint ist, kann sehr schnell zu einem ernsthaften Problem werden.

Wenn der Stinkefinger-Zwerg zum Nachbarn schaut

Da steht er nun, der kleine Mann, mit einem verschmitzten Lächeln und reckt gekonnt den Mittelfinger in die Höhe. Und das auch noch in Richtung des Nachbargrundstückes. Wenn das nicht mal Ärger geben wird. Oder ist der Nachbar machtlos gegen eine solche Provokation?

Beseitigungsanspruch gegen einen Gartenzwerg mit Stinkefinger?

Eine Gartendekoration muss nicht den Anspruch erfüllen, dass diese auch dem Nachbarn gefällt. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Wer einen Rechtstreit nicht scheut, der hat wenig Aussicht auf Erfolg. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil von 1974 (BGH, 15.11.1974, V ZR 83/73) entschieden, dass ein Beseitigungsanspruch auf Grund eines abstoßenden oder unangenehmen Anblicks nur in Ausnahmefällen, welche aber nicht definiert wurden, zusteht.

Anders hingegen verhält es sich, wenn Darstellungen einen beleidigenden (z. B. Zwerg mit Stinkefinger) oder obszönen (z. B. Zwerg mit entblößtem Hinterteil) Charakter haben. Dies kann als Beleidigung und Ehrverletzung angesehen werden, woraus sich ein Beseitigungsanspruch ableiten ließe. Das Amtsgericht Grünstadt hat in einem Urteil von 1994 (AG Grünstadt, 11.02.1994, 2a C 33/93) entschieden, dass der Anblick eines Stinkefingers und des blanken Hinterteils auf dem Nachbargrundstück eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes und eine Ehrverletzung des Klägers darstellt und die beiden Gartenzwerge zu entfernen sind.

Alternative: Stinkefinger mit Tuch umwickeln

Ganz schlau angestellt hat dies ein anderer Gartenzwergbesitzer. Dieser hat den Mittelfinger des Zwerges einfach mit einem Tuch verbunden und mit einer Blume verziert. Was die Gefühlslage des betroffenen Nachbarn sicher dennoch in Wallung bringt, hatte vor Gericht keinen Erfolg. Das Amtsgericht Elze hat solch einen Fall im Jahr 1999 entschieden (AG Elze, 18.10.1999, 4 C 210/99) und den Anspruch auf Beseitigung verneint.

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil von 1974 (BGH, 15.11.1974, V ZR 83/73)
Amtsgericht Grünstadt, Urteil von 1994 (AG Grünstadt, 11.02.1994, 2a C 33/93)
Amtsgericht Elze, Urteil von 1999 (AG Elze, 18.10.1999, 4 C 210/99)