Kündigung wegen Mietverspätung unwirksam

Welche Mietverspätungen eine Kündigung rechtfertigen – zum AG Saarbrücken, 3 C 181/24

Überblick

  • Gericht: Amtsgericht Saarbrücken
  • Datum: 12. Februar 2025
  • Aktenzeichen: 3 C 181/24
  • Rechtsgebiet: Mietrecht / Wohnraummiete

Sachverhalt

Die Vermieterin sprach eine fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus. Anlass waren angebliche Bedrohungen durch den Mieter sowie mehrfache verspätete Mietzahlungen. Der Mieter widersprach der Kündigung und beantragte die Abweisung der Räumungsklage.

Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Saarbrücken wies die Räumungsklage vollständig ab. Lediglich geringe Zinsansprüche wegen verspäteter Mietzahlungen im April und Mai 2024 wurden der Klägerin zugesprochen.

  • Fristlose Kündigung: unbegründet, da keine ausreichenden Beweise für Bedrohung oder sonstige schwerwiegende Pflichtverletzung.
  • Ordentliche Kündigung: unwirksam, da kein Zugang beim Mieter nachgewiesen wurde.
  • Mietverspätungen: zu geringfügig für eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Entscheidungsgründe

  1. Keine ausreichenden Pflichtverletzungen: Weder die behaupteten Bedrohungen noch Aussagen zur Schwarzarbeit wurden bewiesen.
  2. Kein Zugang der Kündigung: Der Zugang der schriftlichen Kündigung konnte nicht nachgewiesen werden.
  3. Unzureichende Schwere der Mietverzögerungen: Einzelne, geringfügige Verspätungen rechtfertigen keine Kündigung.

Bedeutung / Leitsätze

  • Verspätete Mietzahlungen müssen erheblich und regelmäßig sein, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
  • Der Zugang einer Kündigung muss nachweisbar sein (z. B. durch Empfangsbestätigung oder Rückschein).
  • Pflichtverletzungen müssen dokumentiert und beweisbar sein – bloße Behauptungen genügen nicht.

Praxistipp

Für Vermieter: Kündigungen sollten sorgfältig dokumentiert, zugestellt und begründet werden.
Für Mieter: Punktuelle Verspätungen führen nicht automatisch zur Kündigung – dennoch sollten Zahlungen stets pünktlich erfolgen.


Quellen & weiterführende Infos:

Wenn Sie detailliertere Informationen zu diesem Fall lesen wollen, dann haben wir Ihnen hier eine ausführlichere Erläuterung zusammen gestellt.

Mieterschutz in Aktion: Warum das Amtsgericht Saarbrücken eine Kündigung für überzogen hielt

Urteil vom 12. Februar 2025 (AG Saarbrücken, Az. 3 C 181/24)

Welche Mietverspätungen eine Kündigung rechtfertigen – zum AG Saarbrücken, 3 C 181/24

Welche Mietverspätungen eine Kündigung rechtfertigen – zum AG Saarbrücken, 3 C 181/24


Ein bisschen Verspätung – gleich raus aus der Wohnung?

Stell dir vor: Du bist Mieter, zahlst deine Miete meist pünktlich, aber manchmal eben nicht auf den Tag genau. Nichts Dramatisches – vielleicht ein, zwei Tage später, manchmal auch ein paar mehr. Plötzlich flattert dir eine Kündigung ins Haus – fristlos! Angeblich hast du den Vermieter bedroht, mehrfach die Miete zu spät gezahlt und ganz nebenbei sogar Schwarzarbeit verteidigt. Du bist schockiert – das war doch nur ein etwas hitziges Gespräch im Hausflur?

Genau so einen Fall hatte das Amtsgericht Saarbrücken im Februar 2025 zu entscheiden. Und das Urteil dürfte für viele Mieter eine Erleichterung sein.


Der Fall: Eine Kündigung mit viel Drama, aber wenig Substanz

Die Klägerin, eine Vermieterin, war mit dem Verhalten ihres Mieters schon länger unzufrieden. Sie behauptete, er habe sie mehrfach bedroht und beleidigt – unter anderem, weil sie sich über verspätete Mietzahlungen beschwert hatte. Außerdem soll er während eines Streits sinngemäß geäußert haben, dass „Schwarzarbeit ja wohl normal sei“ – ein Zitat, das die Vermieterin offenbar als schweren Angriff auf die Rechtstreue wertete.

Als dann im Frühjahr 2024 auch noch die Miete für April und Mai jeweils etwas später kam, war für die Vermieterin das Maß voll. Sie kündigte dem Mieter fristlos und hilfsweise ordentlich. Die Begründung: nachhaltige Störung des Mietverhältnisses – also eine Mischung aus Zahlungsverspätungen und persönlichem Fehlverhalten.

Doch der Mieter sah das völlig anders. Er wies die Vorwürfe zurück und blieb in der Wohnung. Die Vermieterin reichte daraufhin Klage ein – auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Außerdem wollte sie Zinsen wegen der verspäteten Zahlungen.


Das Urteil: Viel Lärm um (fast) nichts

Das Amtsgericht Saarbrücken war wenig beeindruckt vom Argumentationsfeuerwerk der Klägerin. In der schriftlichen Urteilsbegründung stellte das Gericht klar: Keine der vorgebrachten Kündigungsgründe reicht aus, um ein Mietverhältnis zu beenden – weder fristlos noch ordentlich.

Warum? Weil es im Kern schlicht keine handfesten Beweise für das Verhalten gab, das der Mieter angeblich an den Tag gelegt hatte.

Die behaupteten Bedrohungen? Nicht belegbar. Die angeblichen Aussagen zur Schwarzarbeit? Keine Zeugen, kein Protokoll, keine Tonaufnahme. Nur die Aussage der Vermieterin gegen die des Mieters – und das reicht nicht, um jemandem die Wohnung zu kündigen.

Auch bei den Mietzahlungen blieb das Gericht gelassen: Zwar kam die Miete im April und Mai 2024 jeweils ein paar Tage zu spät, aber das passierte nicht zum ersten Mal – und nie in einem Ausmaß, das wirklich existenzbedrohend oder systematisch gewesen wäre. Solche kleineren Unregelmäßigkeiten sind zwar ärgerlich, führen aber nach Ansicht des Gerichts nicht gleich zur Auflösung eines Mietverhältnisses, das sonst offenbar jahrelang unproblematisch lief.


Die Kündigung – schon an der Zustellung gescheitert

Und es kam noch etwas dazu: Die ordentliche Kündigung war aus einem ganz praktischen Grund unwirksam – sie konnte dem Mieter gar nicht eindeutig zugestellt werden.

Die Vermieterin konnte nicht nachweisen, dass der Mieter das Kündigungsschreiben überhaupt erhalten hatte. Kein Einschreiben, kein Zeuge, keine Quittung – also auch keine Kündigung im rechtlichen Sinne. Denn was nicht zugestellt wurde, kann auch keine Wirkung entfalten. Das mag nach Bürokratie klingen, ist aber wichtig: Gerade im Mietrecht sind Formalitäten oft der entscheidende Knackpunkt.


Was das Urteil für Mieter (und Vermieter) bedeutet

Das Amtsgericht hat mit diesem Urteil eine klare Linie gezogen:

Wer eine Wohnung kündigen will, braucht handfeste Beweise. Und kleinere Mietverzögerungen allein – selbst wenn sie mehrfach vorkommen – reichen dafür nicht aus.

Für Mieter ist das beruhigend. Wer mal ein paar Tage später überweist, muss nicht gleich Angst vor einer fristlosen Kündigung haben. Besonders dann nicht, wenn man sich ansonsten an den Vertrag hält, die Wohnung ordentlich nutzt und keine gravierenden Störungen vorliegen.

Für Vermieter ist das Urteil hingegen ein Hinweis darauf, wie wichtig saubere Dokumentation und nachvollziehbare Kommunikation sind. Wenn man wirklich kündigen will – und das erfolgreich –, braucht man mehr als nur Frust oder Bauchgefühl:

  • Eine Kündigung sollte immer nachweisbar zugestellt werden (Einschreiben mit Rückschein, persönliche Übergabe mit Zeugen, Boten).

  • Verfehlungen oder Pflichtverletzungen sollten dokumentiert oder durch Zeugen belegt sein.

  • Bei Mietrückständen ist entscheidend, wie hoch und wie regelmäßig sie auftreten – Einzelverzögerungen um ein paar Tage genügen in der Regel nicht.


Das sagt das Gesetz: § 573 BGB im Hintergrund

Die Richterin stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dort steht sinngemäß, dass eine ordentliche Kündigung des Vermieters nur möglich ist, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten nicht unerheblich verletzt.

Was „nicht unerheblich“ ist, wird von der Rechtsprechung jedoch streng ausgelegt. Und gerade bei Zahlungsverspätungen wird oft geprüft: Gab es Rückstände? Wie lange? War der Mieter säumig oder nur langsam?

Im vorliegenden Fall war die Antwort klar: Nein, kein relevantes Fehlverhalten.


Fazit: Kein Grund zur Panik bei kleinen Verspätungen

Das Urteil aus Saarbrücken zeigt deutlich: Mieter sollten ihre Pflichten ernst nehmen – aber sie müssen nicht gleich Angst bekommen, wenn mal etwas schiefgeht. Ein Streit im Treppenhaus oder eine überfällige Überweisung führen nicht automatisch zur Kündigung.

Für Vermieter wiederum bedeutet es: Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wer kündigen will, sollte die Formalien kennen – und vor allem Belege sammeln. Das Recht auf Räumung gibt es nicht „auf Verdacht“, sondern nur auf Basis von nachvollziehbaren, beweisbaren Pflichtverletzungen.


🔎 Neugierig geworden?

Mehr Infos zum Urteil gibt’s u. a. hier: